Ein grünes Waldstück durch das an manchen Stellen das Licht durchbricht. © NDR Foto: Julius Matuschik

"Kunstraum Wald": Klimaschutz bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern

Stand: 10.07.2022 14:20 Uhr

An diesem Wochenende hieß es in Ulrichshusen bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern: Heraus aus dem Konzertsaal in die freie Natur. Zwei Tage lang widmete sich das Festival dem Wald und seiner Bedeutung für unser Klima.

von Karin Erichsen

Die Musik der Renaissance- und Barockzeit steckt voller Bezüge zu Wald und Natur. Da gab es reichlich Auswahl für die Flötistin Tabea Debus und ihr Ensemble. Mit dem Programm "Im Zauberwald" für Flöte, Erzlaute, Viola da Gamba und Cembalo eröffneten sie das Themenwochenende in Ulrichshusen. Natürlich war es vor allem der Vogelgesang, der die Komponisten inspiriert hat: "Es gibt diverse Vögel: von der Nachtigall zum Kuckuck. Und es gibt auch Hahn und Henne, die man vielleicht nicht unbedingt im Wald findet", sagt Debus.

Musikalische Wanderung im Ulrichshusener Wald

Was eben noch in der Musik erklang, konnten die Festspielbesucherinnen und -besucher gleich darauf bei Wanderungen erleben. Unter anderem führte Kristin Scheile, Leiterin des Naturparks Mecklenburgische Schweiz, durch die idyllische Endmoränenlandschaft um Ulrichshusen: "Wenn man aus Ulrichshusen auf den Berg rausgeht, hat man eine wunderbare Fernsicht und einen Eindruck von der Landschaft hier", erzählt Scheile. "Dann haben wir das Thema Wald aufgegriffen: Wie ist die Zukunft des Waldes? Wo geht die Entwicklung hin? Was könnten klimastabile und zukunftsstabile Wälder sein? Und wir haben versucht, die Sinne zu öffnen." - Für den Geruch von frischem Heu auf den Wiesen, den Geschmack von wilden Himbeeren am Wegesrand, das Konzert von Vögeln und Grillen.

Die Wanderung endete bei einer Ruine, wo Tabea Debus und Alon Sariel mit Musik für Flöte und Mandoline warteten. Die Besucher waren sehr angetan: "Der Spaziergang durch den Wald - jetzt auch noch mit der Musik - ist einfach inspirierend", schwärmt ein Festivalbesucher. "Die Idee, das Konzept, die Verbindung zur Natur - da kann ich nur sagen: Da geht einem das Herz auf", sagt eine Besucherin.

Naturfotografien und akustische Rauminstallation

Der nie abreißende Fluss von Stimmen im Wald ist auch Thema einer Komposition von Enno Poppe, die das Hamburger Ensemble Resonanz unter Klangregie von Sebastian Schottke aufgenommen hat. Der Klangkünstler präsentierte das Werk in Ulrichshusen als akustische Rauminstallation. "Das Stück ist für vier Streichquartette. Jedes Instrument hat ein eigenes Mikrophon, also 16 Mikrophone, plus fünf Raummikrophone", sagt Schottke. "Hier im Raum sind knapp 30 Lautsprecher auf verschiedenen Ebenen verteilt und man kann das quasi im Gehen erkunden. Das Stück ist auch so angelegt, dass es durch den Raum wandert." Zur Klanginstallation zeigte das Festival großformatige Naturbilder des Fotografen Oliver Borchert. Auch diese Performance wurde vom Publikum mit Interesse aufgenommen.

Das Ensemble Resonanz war am Abend mit Patricia Kopatchinskaja nochmals live zu erleben - mit einem Programm, das Natureindrücke zeitgenössischer Komponisten wie John Cage, Heinz Holliger oder Claude Vivier mit Werken von Schubert und Mendelssohn verknüpfte. Festivals müssten generell stärker als bislang eine Plattform für gesellschaftlich relevante Themen bieten, fordert Patricia Kopatchinskaja, und Kreative müssten neue Wege der Präsentation finden: "Es ist wichtig, dass wir auf der Bühne Programme machen, die eine Aussage haben. Natur ist das, wovon wir leben, was uns die Zukunft ermöglicht - hoffentlich", meint Kopatchinskaja. "Wir wissen eigentlich nicht, wie wir damit umgehen. Das ist natürlich ein großes Problem. Das müssen wir ändern und wenn wir das mit Musik als Wort, als Gedanke, als Gestus ausdrücken können, dann ist das wichtig und gut."

Patricia Kopachinskaja und das Ensemble Resonanz in Ulrichshusen und bei NDR Kultur

Das Ensemble Resonanz spielt heute Nachmittag nochmals mit Patricia Kopachinskaja in Ulrichshusen. Dann erklingt unter anderem ihre eigene Komposition zum Thema Klimawandel. Der Titel lautet "Wut".

NDR Kultur hat die Konzerte des Waldwochenendes in Ulrichshusen aufgezeichnet. Zu hören sind sie am 31. Oktober in der Sendung "Das Sonntagskonzert" um 11 Uhr und in der Sendung "Das Konzert" ab 20 Uhr - mit Geigerin Patricia Kopatchinskaja im Gespräch.

Weitere Informationen
Der Geiger und Dirigent Emmanuel Tjeknavorian © Oliver Borchert Foto: Oliver Borchert

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Zwei Tage lang widmete sich das Festival in Ulrichshusen dem Wald und seiner Bedeutung für unser Klima.

Art:
Ausstellung
Datum:
Ende:
Ort:
Remise
Seestraße
17194  Ulrichshusen
Preis:
Eintritt frei
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassikboulevard | 10.07.2022 | 14:20 Uhr

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